Das 24. Bernische Kantonal-Musikfest 2019 in Thun – Ein Rückblick

Das BKMF 2019 in Thun ist Geschichte. 64 Stunden nachdem schliesslich auch die Musikantinnen und Musikanten von Blumenstein das Festzelt verlassen hatten, war dem Lachenareal bereits nichts mehr anzusehen. Dabei hatten wir doch so einiges verbaut …

Aktuell erinnert nur noch der liebevoll gestaltete Maulbeerkreisel in der Thuner Innenstadt mit seinen wetterfesten Instrumenten aus Stahl und Stein an ein wunderbares, tolles, freudvolles Fest. Während zweier Juni-Wochenenden spielte die Musik in Thun. Unsere Stadt mit ihren drei organisierenden Vereinen stand mit 100 Print- und 70 Online-Artikeln im Zentrum der medialen Aufmerksamkeit.

Es war ein Fest am Wasser. Ein Fest der kurzen Wege. Genauso wie es sich Musizierende wünschen. Offenbar stiessen noch zahlreiche andere Elemente auf Gegenliebe. Die zahlreichen spontanen mündlichen und schriftlichen Rückmeldungen waren derart positiv, dass wir diesen grossen Lohn gerne für die enorme geleistete Arbeit entgegennahmen.

Die Berichte aus den Ressorts stehen noch aus. Die Abrechnung liegt noch nicht vor. Das Helferfest liegt noch in der Zukunft. Der Schlusspunkt erfolgt wohl kaum vor Ende Jahr. Dennoch kann ich als Präsident des OKs bereits jetzt einige persönliche Schlüsse ziehen. Zehn davon – zum Teil auch kritische – seien hier bereits vorausgenommen:

  • Das Bernische Kantonal-Musikfest hat eine kritische Grösse erreicht. Mit der Rekordbeteiligung von 163 Musik- und Tambourenformationen wurde ein Umfang erreicht, der sich nur noch mit Ächzen und Stöhnen bewältigen lässt. Mit dem KKThun, dem Bärensaal, dem Gymnasium, den umliegenden Restaurants, Hotels, Turnhallen und Zivilschutzanlagen konnte die vorhandene Infrastruktur optimal beansprucht werden. Mit dem riesigen Fest-, Neben- und Küchenzelt, dem stattlichen Helfer-, Bier- und Barzelt, den mobilen Toilettenanlagen mussten temporäre Bauten erstellt werden, wie sie auf diesem Areal grösser nicht hätten ausfallen können. Man muss sich künftig die Frage stellen, wer diesen Grossanlass mit beispielsweise 175 Formationen noch ausrichten will und kann – und wo.
  • Das OK kam an Grenzen. Das Milizsystem ist zwar eine ehrenwerte Sache. Ohne professionelle Geschäftsstelle müssen jedoch unzumutbare Opfer sowohl in der Freizeit (Familie) wie auch während der Arbeitszeit (Arbeitgeber) erbracht werden. Dies vor allem in den letzten Wochen vor der Durchführung.
  • Die Helfer kamen an Grenzen. Anstatt wie ursprünglich geplant mit 1000, haben wir das Fest schliesslich mit 500 Helfern gestemmt. Klar, dass dies intern zu kleinerem oder auch grösserem Unmut führte, der gegen aussen glücklicherweise nicht spürbar war. Wer 5 Stunden lang Bier zapft, bevor das erste Mal die Toilette aufgesucht werden kann, wer von morgens bis abends moderiert, wer im Festzelt Speisen im Laufschritt austrägt, kommt unweigerlich an psychische, manchmal sogar physische Grenzen.
  • Sponsoren klopfen nicht von selbst. Sponsoren, Inserenten, Tombolaspender auftreiben ist harte Knochenarbeit. Wie wir aus den Umfeldern der Thuner Sportklubs wissen, ist das Potential im Raume Thun/Oberland begrenzt. Wenn zugleich noch ein Kantonales Jodlerfest in Brienz stattfindet, ist das sicherlich auch nicht optimal.
  • Die Beziehungen mit den Banken waren aufwändig. Wäre alles viel einfacher gewesen, wenn wir halt doch eigens für diesen Anlass einen eigenständigen Verein gegründet hätten? So oder anders würde ich empfehlen, in Zukunft auf die arbeitsintensive Barzahlung zu verzichten. Alternativ könnte eine mehrfach aufladbare Debit-Festkarte dienen, welche lediglich an einer kleinen Anzahl Stellen zu beziehen und – bar oder nicht – zu bezahlen wäre. Mit dieser Karte könnten Konsumationen an sämtlichen Stellen abgebucht werden.
  • Die Entscheidung, mit Heimweh auf den ersten Freitag zu setzen, war nicht nur aus finanzieller Sicht goldrichtig. Es war ein würdiger, fulminanter Auftakt vor respektabler Kulisse. Der Männerchor verstand es, richtig einzuheizen und unser Fest so richtig zu lancieren.
  • Die Entscheidung, mit den teuren Bestellgeräten zu fahren, war – trotz grossem Widerstand – ebenfalls goldrichtig. Die Bestellenden waren oftmals verblüfft, als im Moment des Wegsteckens des Portemonnaies bereits serviert wurde.
  • Die Entscheidung, auf einheimisches Bier zu setzen, war noch einmal goldrichtig. Dutzende Rückmeldungen und der Umstand, dass wir einen neuen Bier-Verkaufsrekord erzielt haben, bestätigen dies.
  • Wettermässig mit allen Szenarien zu rechnen, war richtig. Zwar hat uns glücklicherweise keine oft angesprochene Windhose (Böe) wie damals in Biel heimgesucht, doch wurden wir am ersten Samstagabend kurzerhand von einem derart heftigen Gewitter heimgesucht, dass im gefluteten Festzelt ein kurzer erfolgreicher Einsatz der Feuerwehr erforderlich war. Während gleichzeitig das Greenfield Festival in Interlaken evakuiert werden musste, konnten wir unter Einsatz aller vorhandenen Kräfte ohne Verspätung mit dem abendlichen Rahmenprogramm weiterfahren.
  • Es ist mit allem zu rechnen – auch mit einem Todesfall. So eingetreten am zweiten Samstag. «Glücklicherweise» nicht auf der Bühne oder auf der Strasse, sondern im Instrumentendepot, so dass wir «backstage» spontan und unvorbereitet auf dieses tragische Ereignis reagieren konnten. Hätte man andernfalls das Fest unterbrechen müssen? Diesen Fall haben wir in den detailreichen Vorbereitungsarbeiten zu keiner Sekunde bedacht.

Ich möchte den drei organisierenden Vereinen herzlich danken. Die Feldmusik Strättligen, der Musikverein Thun sowie die Musikgesellschaft Allmendingen/Thun haben es mir erlaubt, im sympathischen Umfeld der Musikfamilie Erfahrungen zu machen und Erlebnisse zu haben, die ich so noch nicht kannte. In einem professionellen Umfeld führen ist das eine. Einem Miliz-OK vorzustehen bedeutet ganz was anderes. Die 20 OK-Sitzungen, die ungezählten Sitzungen des Leitenden Ausschusses, der OK-Fototermin waren das eine. Die Zeit des Zeltaufbaus, der Durchführung, des Zeltabbaus das andere. Ich möchte nichts davon missen. Stolz und erfreut neigt sich dieses Engagement dem Ende entgegen. Wir haben eine gute Sache zustande gebracht. Wir haben den Namen Thuns und denjenigen der Musik in die Welt hinaus «posaunt», dass es eine Freude war! Das positive Tüpfchen auf dem i wäre natürlich, wenn die Vereine aus dieser Geschichte auch monetär profitieren könnten …

Thun, 4.7.2019
Roman Gimmel